Veranstaltung "HANAU - Zusammenhalt in Vielfalt" im Deutschen Theater

  08. Februar 2023

Schultheaterprojekt zum Jahrestag des Anschlags in Hanau:

Schülerinnen und Schüler der WP Kurse Darstellendes Spiel feiern Triumph auf der Bühne der Kammerspiele

 

 Anel, Emre, Albert und Deniz mit dem vielleicht berühmtesten Intendanten des DT

 

ALLE im Folgenden verwendeten Fotos sowie das Foto von der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, zu Beginn der Seite wurden im Zusammenhang mit dem Projekt „HANAU – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“ aufgenommen / © Initiative kulturelle Integration / Jule Roehr

Schülerinnen und Schüler der WP Kurse Darstellendes Spiel
feiern Triumph auf der Bühne der Kammerspiele

In Kooperation mit dem Bundesverband Theater in Schulen richtete die Initiative kulturelle Integration in zeitlicher Nähe zum Jahrestag des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau am 07.Februar ein Schülertreffen in Berlin aus.

Der Bundesverband Theater in Schulen hatte neben Berlin aus jedem Bundesland eine Schülergruppe ausgewählt, die an diesem Treffen teilnehmen und in diesem Rahmen ihre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema präsentieren sollte.

Nachdem sich die Jury des Bundesverbandes Theater in Schulen unter 5 für das Land Berlin eingesendeten Bewerbungen für uns entschieden hatte, ging es endlich los. Gewonnen hatten wir die Auswahl mit unserer Dramatisierung von Paul Celans Todesfuge, die die beiden WP10 Kurse Darstellendes Spiel unter der Leitung von Herrn Reiners erarbeitet und bereits am 9. November 2022 auf der Bühne des GRIPS Theater präsentiert hatten.

Bereits am Vorabend wurden die Delegationen aller Bundesländer im Hotel Aquino in Mitte festlich empfangen. Auf dem Podium begrüßten uns u.a. die Vorsitzende vom Bundesverband Theater in Schulen e.V., Ingund Schwarz, sowie Olaf Zimmermann als Sprecher der Initiative kulturelle Integration und als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Besonders bewegend waren die Grußworte von Serpil Temiz Unvar, die bei den Anschlägen in Hanau ihren Sohn Ferhat verlieren musste und nun als Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar an alle Anwesenden appellierte, nicht zu vergessen. Durch den Abend moderierte kurzweilig, unterhaltsam und den jungen Gästen sehr zugewandt Stand-up-Comedian Khaled Bounouar. Humorvolle Poetry-Slam-Beiträge zum Thema Integration rundeten den Abend ab. Im Anschluss ermöglichte die Runde Meet-and-Eat den Austausch aller untereinander und so entstanden am üppigen Büffet die ersten Kontakte mit den Schulen aus den anderen Bundesländern sowie Organisationen, die sich für kulturelle Vielfalt, Integration etc. einsetzen. 

Am nächsten Morgen begann dann unser großer Tag am DT. Um 10.00 Uhr trafen wir und  - Dank an Herrn Buttler – auch unsere Requisiten auf dem Vorplatz des Theaters ein.

Julian, der Assistent des Inspizienten, wies uns zunächst auf der Nebenbühne ein. Danach konnten wir unsere Garderobe beziehen, in der wir nun viel Zeit mit Warten zubringen sollten. Unsere Technikprobe war für 10.30 Uhr angesetzt, allerdings sollte es noch bis zum Mittag dauern, bis wir endlich auf die Bühne konnten. Es war schon beeindruckend, die Profis aus der Technik bei ihrer Arbeit erleben zu können: Einstellung des Lichtes, Absprachen zur Musik, Einsatz der Nebelmaschine …

Während unserer wohlverdienten Mittagspause in der Kantine ertönte dann die Hiobsbotschaft über die Sprechanlage des Inspizienten. Die Technik des DT gehe nun ebenfalls zu Tisch. Da auf Grund von Verzögerungen immer noch nicht alle Schulen ihre Technikproben gehabt hätten, würden diese nun nach dem Mittag erfolgen. Die für den Nachmittag angesetzte Generalprobe müsse damit entfallen!

Das war zunächst ein gehöriger Schock. Schließlich aber ermöglichte Ulrich Khuon, der Intendant des Hauses, dass wir im Foyer zumindest noch eine improvisierte Generalprobe abhalten konnten. Dort saß mittlerweile auch schon Khaled, der wie am Vorabend durch die Veranstaltung führen sollte, „arbeitslos“ herum.

Also hieß es, schnell in die Maske und fertigmachen zur Improvisation! So konnten wir wenigsten die Zeit sinnvoll nutzen und doch noch ein paar der anderen künstlerischen Beiträge sehen.

So verging die Zeit dann wie im Fluge und eh man sich versah, war der große Moment gekommen. Das Foyer musste geräumt werden, die Gäste trafen ein: Unsere Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, Petra Pau von den Linken und und und…

Für uns hieß es ab da (leider) in der Garderobe zu warten, warten und nochmals warten. Denn unser Auftritt war erst nach der Pause angesetzt. Das Lampenfieber stieg, wir wurden zur Seitenbühne gerufen, das Lampenfieber stieg weiter. Ein letztes Toitoitoi von Herrn Reiners, Frau Binder koordinierte und dann kam der Auftritt!

Wir fühlten uns sicher, hervorragend einstudiert und mit der notwendigen Anspannung wurde auf der Bühne eine Intensität erreicht, die das Publikum nach der Szene für einen kurzen Moment ergriffen schweigen ließ, bevor stürmischer Beifall einsetzte. Ein großer, ein unvergesslicher Moment für alle!

Zum Stück:

Das Gedicht Todesfuge von Paul Celan aus dem Jahr 1948 handelt von seiner unmittelbaren Erfahrung mit dem deutschen Antisemitismus.

Mit dem Titel wird neben dem tödlichen Aspekt von Antisemitismus und Ausgrenzung auch auf eine musikalisch strenge Form verwiesen. Diese wird dem inhaltlich emotionalen Chaos entgegengesetzt. Eine Fuge ist eine nach strengen Regeln aufgebaute musikalische Kunstform, bei der ein Thema nacheinander durch verschiedene Stimmen vorgetragen wird. Auf die Inszenierung bezogen wird die eiserne Disziplin, die im Konzentrationslager herrscht, zum Ausdruck gebracht. Zugleich wird aber auch verdeutlicht, dass die Opfer unter unvorstellbarem physischem und psychischem Stress stehen, da in jeder Sekunde Lebensgefahr für sie droht.

Im Sinne einer musikalischen Fuge werden Thema und Gegenthema mehrfach variiert und parallel zueinander geführt. Hauptthema ist die Klage der jüdischen Gefangenen, denn damit beginnt das Gedicht und jede weitere Strophe. So heben die Leidenden hervor, dass sie schwarze Milch - hier Metapher des Todes - nicht nur am Morgen, sondern auch zu jeder anderen Tageszeit trinken (müssen). Das Gegenthema bildet die Charakterisierung des Aufsehers und seiner Schergen, die über Leben und Tod bestimmen und ihre Lagerinsassen entweder arbeiten, tanzen, musizieren lassen oder aber ihren Weg in die Gaskammer befehlen können.

Für die Theatertage „Hanau – Schultheater für Zusammenhalt in Vielfalt“ haben die beiden Wahlpflichtkurse Darstellendes Spiel des 10. Jahrgangs unter der Leitung von Herrn Reiners einige Motive des Gedichts dramatisiert und zu einer Performance zusammengestellt. Auf diese Weise ist die szenische Darstellung einerseits Mahnung dafür, wohin Ausgrenzung führen kann, anderseits kann sie als eindringlicher Appell verstanden werden, wie wichtig ein Zusammenhalt in Vielfalt ist.

Zitat:

Deine goldenes Haar Margarete – Dein aschenes Haar Sulamith

Es spielten:

Elias Pessozki, Anel Mujic, Erjon Shaquiri, Tuana Ünlü, Deniz Genodman, Emre San, Abdallah Osman, Aischa Uddin, Ede Ugbobo, Elif Güney, Lara Dogankaya, Leyla Ince, Sahra Selanci, Selina Sikcan, Shubneet Kaur Marwaha, Yahya Düerkop, Albert Meisemann, Alice Kelly, Blerina Luma, Isabella Castillo, Karla Kolb, Matteo Albrecht, Meryem Engin, Sara Öztürk, Yakya Kaisiev

Maske und Requisite:

Clarice Winkler, Rifka Uschtrin, Dunja Tenner, Tita Schmitt-Falckenberg

Regieassistenz:

Celina Vu, Sonja Binder

Gesamtleitung:

Helge Reiners